FLUCHTRAUM ÖSTERREICH 2015


BEGEGNUNGSRÄUME
Jasmin Stadlhofer







Ein Entkommen organisierter Desintegration
Bei der Aufnahme und Zuweisung von Asylsuchenden kommt dem Standort der jeweiligen Unterkunft eine grundlegende Rolle zu: Mit der Verortung des „Fluchtraums“ werden zugleich die wesentlichen Rahmenbedingungen geschaffen, die das Leben der dort untergebrachten Menschen, des (mit ihnen) arbeitenden Personals und der in der Nachbarschaft lebenden Bevölkerung für längere Zeit, oft für viele Jahre, bestimmen. [1] Ein Leben, zwar auf bestimmte Dauer, aber geprägt von Grenzen, die den Alltag bestimmen und den Bewegungsraum minimieren. Dabei handelt es sich sowohl um soziale als auch um räumliche Grenzen, die zu einer gezielten Desintegration führen.
Lage und Infrastruktur schränken nicht nur den Bewegungsraum der Betroffenen ein, sondern auch die Möglichkeiten des Beziehungsmachens (wie Freundschaften schließen oder Netzwerke knüpfen) und des Raummachens (wie Rückzugsorte zu organisieren). [2] Dabei stellt sich auch die Frage, ob eine bessere Verkehrsanbindung dazu führt, dass vermehrt soziale Kontakte geknüpft werden oder ob umgekehrt, soziale Kontakte zu erhöhter Mobilität führen. Der Bewegungsraum hängt aber natürlich nicht nur von Aspekten wie Lage und Infrastruktur ab, sondern schließt auch Faktoren wie soziale, finanzielle und rechtliche Grenzen ein.
In dieser Arbeit werden vordergründig soziale und rechtliche Barrieren behandelt, wobei dargestellt werden soll, welche Faktoren sich wie auf die Entwicklung von Bewegungsräumen auswirken.
Als Grundlage dieser Recherche diente insbesondere eine Exkursion, die im Rahmen der Lehrveranstaltung Kleines Entwerfen „Fluchtraum Österreich“ durchgeführt wurde. Während dieser Feldforschung in der Steiermark, Kärnten und Tirol wurden sechs Asylheime besucht, die im weiteren Verlauf hinsichtlich Lage, Infrastruktur und sozialem Umfeld analysiert wurden. Um ein Verständnis für die Aktionsräume der dort untergebrachten Flüchtlinge zu bekommen, wurden zahlreiche Gespräche, einerseits mit den Asylsuchenden, andererseits mit BetreiberInnen und HeimmitarbeiterInnen geführt, um die Situation aus verschiedenen Perspektiven betrachten zu können. Um dabei ein möglichst unabhängiges Ergebnis zu erlangen, wurden BetreiberInnen und HeimbewohnerInnen einerseits vor Ort befragt, andererseits später per E-Mail oder Telefon nochmals kontaktiert.
In einem weiteren Schritt galt es, den Standpunkt der Gemeinden miteinzubeziehen und herauszufinden, welcher Bewegungsraum den Flüchtlingen seitens dieser zur Verfügung gestellt wird und welche sozialen Räume sich dadurch öffnen. Die BürgermeisterInnen dabei klar zu positionieren war sehr wichtig, da diese eine bedeutende Rolle beim Spannen von sozialen Netzwerken um AsylwerberInnen einnehmen.


Institution
Die sechs Asylwerberunterkünfte liegen verteilt auf die Bundesländer Steiermark, Kärnten und Tirol. Sechs Heime, die angesichts ihrer Lage und Organisation sehr unterschiedlich sind. Vier von den analysierten Heimen werden als Selbstversorgerheime geführt, die Unterkünfte in Weitensfeld und Lamm in Kärnten bieten Vollpension. Eines ist ihnen aber allen gemeinsam: die Abhängigkeit von BetreiberIn, Staat und gutgewillten Menschen in ihrer Umgebung. Schließlich befinden sie sich alle innerhalb derselben „Institution“.
Erving Goffman, ein kanadischer Soziologe, der sich mit den Grundmechanismen und Problemen sozialen Verhaltens beschäftigte, setzt „Totale Institutionen“ mit sozialen Einrichtungen oder Anstalten gleich. Im Mittelpunkt seiner Betrachtung steht einerseits das Umfeld, also die Einrichtung in Zusammenhang mit dem Leben des Einzelnen darin, andererseits steht auch der Mensch in seiner Bewältigung der Welt (d.h. der Probleme mit sich selbst, mit Institutionen und anderen Menschen) im Fokus. Hierbei geht es um das Erhalten oder Verlieren der eigenen Individualität in einer schwierigen Lebenssituation bzw. um die Bewältigung von Nachteilen, die einzelne Menschen erfahren und die sie zunächst von der allgemeinen Gesellschaft ausgrenzen. Goffman beschreibt eine totale Institution „als Wohn- und Arbeitsstätte einer Vielzahl ähnlich gestellter Individuen [...], die für längere Zeit von der übrigen Gesellschaft abgeschnitten sind und miteinander ein abgeschlossenes, formal reglementiertes Leben führen.“ [3] – Totale Institutionen verknüpfen demnach privates und berufliches Leben. Bereiche, die sich im alltäglichen Leben noch voneinander trennen lassen (beispielsweise das Zuhause getrennt vom Arbeitsplatz) bzw. in der Regel nur durch Zwischenschritte verbunden sind (Heimweg und Arbeitsweg), werden hier zusammengefasst. Dieser Verknüpfung liegt aber nicht nur die Absicht der gezielten Isolation zu Grunde, viele Gemeinden wollen den Flüchtlingen ausdrücklich keine Beschäftigung anbieten. Hier bleibt Asylsuchenden schließlich nur die Möglichkeit, eine Beschäftigung innerhalb des Heimes zu finden, die sich meist auf Putz-, Reparatur- oder Gartenarbeit beschränkt.
Goffman beschreibt also Institutionen als „[...] tendenziell allumfassend. [...] Ihr allumfassender oder totaler Charakter wird symbolisiert durch Beschränkungen des sozialen Verkehrs mit der Außenwelt[.]“ [4] Totale Institutionen sind folglich sehr stark geprägt von Isolation und Zwang, was besonders für Gefängnisse und Psychiatrien gilt. Sie sind sehr einsame Orte, die Betroffene von anderen Menschen und von der Außenwelt, meist auch von Heimat und Familie trennen. Sie schützen ihre BewohnerInnen oder schirmen sie ab (freiwillig oder unfreiwillig) und grenzen sie dadurch aus. Prinzipiell handelt es sich bei Goffmans Totalen Institutionen also eher um Orte, von denen ein In-sasse eigentlich fliehen würde, um anderswo Schutz zu suchen. [5]
Das Totale in diesem Zusammenhang ist nicht bloß durch eine besondere Form der Organisiertheit bestimmt, sondern auch durch einen Ort, an dem es stattfindet und von dem es schließlich auch umgrenzt und abgeschirmt wird. Folglich kommt es zu einer strikten Trennung von anderen Teilen der Gesellschaft. Der Mensch trifft auf eine totale, fremdbestimmte Umgebung.


Fügen
„Totale Institutionen“ sind aber nicht nur verbunden mit dem Entzug der Individualität. Goffman spricht im weiteren Sinne auch vom Eintreten des sogenannten „Bürgerlichen Todes“, der mit dem Verlust der Individualität und zentraler bürgerlicher Rechte einhergeht. Das Individuum wird von nun an nicht mehr als ein solches wahrgenommen, die Zuweisung von Status und Rolle einer Person innerhalb der Institution erfolgt durch diese selbst. [6] Betroffene haben dabei keinerlei Chance, ihrer zugewiesenen Rolle zu entgehen und müssen sich dem vorgegebenen Verhalten unterordnen. Um sicher zu gehen, dass sämtliche Insassen sich dieser Rolle auch fügen, ist ein hoher Grad an Überwachung notwendig. Hierbei greift die Totale Institution auf das Mittel der Architektur zurück, die lediglich Räume für den vorgegebenen Tagesablauf und den auf die Anstalt beschränkten Alltag bietet.
Die Architektur als gebaute Grenze, trennt die BewohnerInnen von der Umwelt und wird schließlich zur ausführenden Hand der Institution. Der Insasse nimmt den Ausschnitt der Außenwelt, den die Anstalt bietet, für das Ganze und kann innerhalb der gegebenen beschränkten Möglichkeiten den Alltag nach den Vorschriften der Institution gestalten. In der Elsenauer Unterkunft „Laglmühle“ organisiert eine „Maßregelungswand” das Verhalten und Auftreten der dort lebenden Asylsuchenden. Frau Maria, die Heimleiterin, pflegt eine Wand, auf der alle Ge- und Verbote angebracht sind. Beim Betreten der Unterkunft wird man unmittelbar mit dieser Wand konfrontiert und man quert sie, wann immer man die Treppe von den Zimmern herunterkommt. Zugleich ist diese Wand auch Schnittstelle zum öffentlichen Gastraum, sodass man immer daran erinnert wird, jener „Gast“ zu sein, der durch die Hintertüre kommt.
„Totale Institutionen“ strukturieren also das Leben und den Alltag der Insassen grundlegend um. Mit der Aufnahme verliert der bzw. die Betroffene die Kontrolle über einfachste Aufgaben. Persönliche Sachen werden ihm abgenommen und durch anstaltseigene, austauschbare Dinge ersetzt.
Damit wird zwar die Grundversorgung des Einzelnen gesichert, es wird ihm aber lediglich das zum Leben notwendige Minimum seitens der Anstalt zur Verfügung gestellt, ohne weiteren, vor allem aber ohne eigenen Aufwand. Daraus folgt, dass die Insassen bei den einfachsten Dingen des täglichen Lebens nicht nur in völlige Abhängigkeit verfallen, sondern zugleich auch in Untätigkeit. Diese Unfreiheit spiegelt sich in Bezug auf das Asylwesen sehr häufig in der eingeschränkten Mobilität der Asylsuchenden wider. Ganz abgesehen von der Lage des Quartiers, sind sie auch aus finanziellen Gründen nur in seltensten Fällen mobil. Die Stadt Innsbruck unterstützt das Flüchtlingsheim in Reichenau beispielsweise mit einem Kontingent an Fahrkarten für die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel innerhalb der Stadt. Die BewohnerInnen des Heimes können sich ­Tickets für einen bestimmten Zeitraum ausborgen, sodass sie sich innerhalb von Innsbruck gut bewegen können. Ganz anders läuft das für die BewohnerInnen der Unterkunft in Lamm, die vollkommen auf den Transport und guten Willen des Heimbesitzers Herrn Quendler angewiesen sind, da die nächstgelegene Bushaltestelle sieben Kilometer entfernt liegt.
Somit werden den Betroffenen also sehr viele Aspekte einer normalen Existenz genommen: von der Struktur des Tagesablaufs, der Ernährung bis hin zu Angelegenheiten der Vorsorge. Viele Betroffene verlernen dadurch allerdings, für sich selbst zu sorgen. Sie verlernen Kommunikation und soziales Leben. Vergleichbare Situationen findet man etwa in Alten- oder Pflegeheimen, psychiatrischen Einrichtungen, militärischen Institutionen, etc.
„Totale Institutionen“ sind also Gemeinschaften, so Goffmann, die sich „für eine längere Zeit“ bilden. Viele der von ihm genannten Beispiele sind auf ein dauerhaftes Fortbestehen (und einen dauerhaften Aufenthalt der InsassInnen) ausgerichtet: Pflege- und Altenheime beispielsweise nehmen die PatientInnen in der Regel auf Dauer und bis zu deren Tod auf. Übertragen auf AsylwerberInnen bedeutet das, dass Totale Institutionen auf bestimmte Dauer einen sehr wichtigen Abschnitt in deren Leben einnehmen. Ein Entkommen von der Institution ist nur möglich, wenn dem Betroffenen Aufenthaltsrecht gewährt wird. Sobald jemand als Flüchtling anerkannt wird, kann er aus dieser austreten. Andernfalls besteht nach einer bestimmten Aufenthaltsdauer nur noch die (unfreiwillige) Option der Abschiebung.


Lage
Asylsuchende haben aufgrund der besonderen Bedingungen, die ihr Leben strukturieren, vor allem aber auch aufgrund ihrer individuellen Erfahrungen spezifische Bedürfnisse. Daraus folgt, dass gerade an Standorten von Flüchtlingsunterkünften ein erhöhter Bedarf an bestimmten Einrichtungen, aber vor allem auch an funktionierender Infrastruktur besteht.
Unterschiedliche Bedürfnisse verlangen schließlich verschiedene Angebote an Einrichtungen. Entscheidend ist dabei aber nicht nur das Vorhandensein der verschiedenen Einrichtungen, sondern vor allem deren Nutzbarkeit und Erreichbarkeit für Asylsuchende.
Denn obwohl die Probleme der Flüchtlinge grundlegend dieselben sind, erweisen sich ihre Bedürfnisse in den verschiedenen Gemeinden als sehr unterschiedlich. Jene Asylsuchenden, die sehr isoliert bzw. abgelegen wohnen, haben laut Mag. Pinter [7] oft mehr Bedürfnisse als andere, die in zentraleren Heimen wohnen und von wesentlich mehr Einrichtungen umgeben sind bzw. betreut werden. Als Beispiel sei hier das Dolmetschen bei Ärzten bzw. die Problematik der Erreichbarkeit von Ärzten, etc. genannt.
Bei der Wahl der Unterkunftsstandorte gibt es aber keine generellen Kriterien, die ein Ort erfüllen muss, um als geeignet zu gelten. Weder der Aspekt, ob es sich um ein Selbstversorgerheim oder eine Vollpension handelt, noch die Anzahl der unterzubringenden Flüchtlinge liefern ein wirkliches Kriterium für die Lage einer Unterkunft. Wie die öffentliche Hand also an Unterkünfte kommt, lässt sich anhand der sechs Standorte, die analysiert wurden, erkennen.
In drei von sechs besichtigten Heimen meldeten sich die BesitzerInnen der Immobilie, zumeist Gastwirtinnen und Gastwirte, bei der zuständigen Stelle, um die Bereitschaft einer Heimeröffnung bekannt zu geben. In der Regel handelt es sich dabei um Betriebe, die abgewirtschaftet sind oder die an einem dezentralen, verlassenen Ort liegen.
Der Alltag von Asylsuchenden innerhalb einer solchen Unterkunft ist geprägt von Angst und ständigem Warten. Als wesentliches Problem neben der Dauer des Asylverfahrens und der Verständnislosigkeit nannten Betroffene im Gespräch die permanente Unsicherheit, vor allem aber auch die ihnen aufgezwungene Untätigkeit. Flüchtlinge bekommen in ihrer Situation immer wieder – bewusst oder unbewusst – ein Gefühl von Hilflosigkeit zu spüren. Diese wird verstärkt durch die Lage und die Gegebenheiten der jeweiligen Unterkünfte. Isoliert vom Rest der Gesellschaft zu leben ist eine Sache, gleichzeitig aber durch fehlende Infrastruktur an eine Unterkunft gebunden zu sein – wie am Beispiel vom Flüchtlingsheim in Lamm – eine andere.


Entkommen
Ungeachtet der Lage eines Asylquartiers, ist es dennoch oft möglich, den Alltag so zu meistern, dass einer gezielten Desintegration entgangen werden kann. Was es dazu braucht, sind Menschen in der Umgebung, die sich dafür einsetzen. Die Bürgermeisterin von Innsbruck besucht immer wieder das Flüchtlingsheim in Reichenau und ist sehr bemüht, den dortigen BewohnerInnen verschiedene Möglichkeiten innerhalb der Stadt Innsbruck anzubieten. Einer dieser Flüchtlinge, Tamir, [8] hat bereits bei Projekten wie „Wertstoffsammelinsel – Reinigung mit Asylwerbern,“ initiiert vom Umweltstadtrat in Innsbruck, bei dem jeden Sonntag vier freiwillige AsylwerberInnen als Reinigungstruppe mit dem Fahrrad unterwegs sind, mitgewirkt sowie auch beim Projekt „Wir bleiben“ des „Freirad.“ Dabei handelt es sich um ein politisches Projekt des „Freien Radios Innsbruck“, das aufgrund der medialen Unterrepräsentiertheit der Flüchtlinge ins Leben gerufen wurde. Dabei wurden Flüchtlinge journalistisch tätig und bekamen die Möglichkeit, für sich selbst zu sprechen. Außerdem bekam Tamir auch die Möglichkeit, bei der Opernproduktion „La Clemenza di Tito“ im Rahmen der ­Innsbrucker Festwochen als Statist mitzuarbeiten. Daneben ist er als „Dolmetscher“ im Flüchtlingsheim tätig und wirkt immer wieder gemeinnützig beim Roten Kreuz oder im Pflegeheim mit.
Generell sollte von Beginn an klar sein, welche Rolle die UnterkunftsbesitzerInnen, die Gemeinden und ihre BürgerInnen im Prozess von Suche, Auswahl und Realisierung von Unterkunftsstandorten ausüben. Schließlich sollte für keine Beteiligten ein Nachteil entstehen, am wenigsten für die Asylsuchenden, deren Bewegungsraum sehr stark von den sozialen Grenzen abhängig ist.
Voraussetzung für ein Zusammenleben sollte neben einer grundsätzlichen Toleranz der Gesellschaft ein möglichst uneingeschränkter Bewegungsraum der Asylsuchenden sein. Für sie wäre es von unschätzbarem Wert, nicht nur unter sich zu sein und alleine vor denselben Problemen zu stehen, sondern wenn ein Entkommen über die Grenzen der Unterkunft möglich gemacht würde. Schließlich geht es dabei nicht nur darum, dem Alltag einen kurzen Moment zu entfliehen, sondern auch um die Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen und sich in das neue Umfeld bzw. die Gesellschaft zu integrieren. Flüchtlinge sollten die Chance bekommen, sowohl Neues kennenzulernen als auch Bestehendes, wie Freundschaften, etc. aufrecht erhalten zu können. Viele von ihnen, wie beispielsweise Alim, [9] möchten sich weiterbilden und hier studieren. Alim lebt seit fast neun Monaten im Flüchtlingsheim. Er spricht fließend Deutsch und ist gelernter Arzt, der wie so viele andere seine Fähigkeiten anwenden möchte. Deshalb wartet er auf einen positiven Bescheid, um in Wien seine Diplomarbeit schreiben zu können. Dann würde ihm sein Doktortitel angerechnet werden, er könnte hier arbeiten, um endlich wieder einen Sinn in seinem Leben sehen.
Diese Beobachtung ist aus einer Analyse heraus entstanden, bei der klar wurde, dass es sich um ein Wechselspiel zwischen infrastrukturellen/räumlichen Komponenten und sozialen Faktoren handelt. Mit dieser Erkenntnis und im Zuge des Projektverlaufs hat sich der Fokus von den physischen Bewegungsräumen gleichermaßen auf die sozialen Netzwerke gerichtet, die sich um Asylsuchende spinnen bzw. welche sie sich trotz unterschiedlichster Hürden aufbauen. Ein Netzwerk von einzelnen AkteurInnen, die gemeinsam mit Flüchtlingen arbeiten und ihnen einen vielfältigen Aktionsradius ermöglichen, wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Welche neuen sozialen Räume sich dadurch öffnen, zeigt das Beispiel von Tamir, der durch seine Arbeit im Altenheim und beim Roten Kreuz sehr viele neue Kontakte und Freundschaften knüpfen konnte. Schließlich konnte er dadurch nicht nur wesentlich schneller die Sprache erlernen, sondern wurden ihm dadurch auch Hemmungen gegenüber Einheimischen genommen. Essentiell ist also schlussendlich, dass Kommunikation stattfinden kann.

 

 

Quellenangaben

[1] Raimund Pehm, Fluchträume. Standortwahl und Realisierung von Unterkünften für Asylsuchende am Beispiel Tirols, (Diplomarbeit, Betreuer: Reinhold Gärtner, U. Innsbruck, 2005), 9.

[2] Vicki Täubig, Totale Institution Asyl. Befunde zu alltäglichen Lebensführungen in der organisierten Desintegration, (München: Juventa, 2009), 69.

[3] Erving Goffman, Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen, (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1973), 11.

[4] Ebd., 15.

[5] Kai Bammann, Kreativität und künstlerisches Gestalten als Durchbrechung der Totalen Institution, (Dissertation, U. Bremen, 2010), 18.

[6] Erving Goffman, Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen, (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1973), 25.

[7] Christine Pinter, Betreuerin Flüchtlingsheim Schwaz, E-Mail an die Autorin am 12.05.2015.

[8] Der Name der befragten Person wurde von der Autorin geändert.

[9] Der Name der befragten Person wurde von der Autorin geändert.

 

Begegnungsräume – Ein Entkommen Organisierter Desintegration

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